Spätestens wenn die Forelle früher oder später den Köder genommen hat und ihn schluckt, sollte man sich Gedanken über den Anhieb und den späteren Drill machen (den es dann hoffentlich auch gibt).
Schlägt man zu früh an, packt der Haken evtl. noch nicht, schlägt man zu spät an, hat der Fisch den Köder evtl. schon wieder ausgespuckt.
Bei Kunstködern wie Twistern, Shads, Fliegen, Spinnern und dergleichen sollte immer sofort angeschlagen werden. Bei Ködern wie Forellenteig, Maden, Bienenmaden, Mehlwürmern & Co, die dem Fisch nicht nur reine Nahrung vortäuschen, sondern auch eine sind, sollte man warten, bis die Pose entweder zügig abtaucht oder bei anderen Methoden zügig Schnur genommen wird. Da Forellenteiche nur mit fangfähigen Speisefischen besetzt werden, gibt es die Problematik des “Verangelns” an diesem Ort praktisch nicht, da jeder Fisch verwertet werden kann und nicht zurück gesetzt wird. Diese Aussage soll nun aber keine Legitimierung für ein ewiges Köderschlucken bis in die Gedärme sein! Ein geübter Angler hakt mit der Rute, die er ständig in den Händen hält fast jeden Fisch im vorderen Knorpelbereich des Maules! Und selbst, wenn ein Anhieb daneben geht, habe ich es schon sehr oft erlebt, daß genau die gleich Forelle kurz darauf wieder den Köder nahm. Beweis: Einziger Angler am Teich, der an diesem Tag mit der Teigfarbe Spring Green angelte, darauf nur einen Biß hatte und wenig später auf eine andere Farbe eine Forelle fing,
die noch grünen Troutbait im Rachen hatte, es also die gleiche Forelle sein mußte
Man sollte stets von Anfang an mit Kapitalen rechnen und entsprechend agieren. Sobald ein Fisch als “Portionsfisch” identifiziert ist, kann man entsprechend zügig drillen. Umgekehrt ist es dann meist schon zu spät! Immer wieder muß ich feststellen, daß andere Angler sich keinerlei Gedanken über ihr Material machen, wenn sie den Anhieb setzen, drillen oder keschern. Gerade beim Keschern kann ich immer wieder Kardinalsfehler beobachten. Der verhängnisvollste Fehler wird gemacht, wenn der Kescher zum Fisch geführt werden soll, der alles andere als müde ist und inzwischen so viel Schnur eingeholt worden ist,
daß man ihn praktisch daran aus dem Wasser hebt! Grundsätzlich wird der Fisch zum ruhenden Unterfangkescher geführt – nie umgekehrt! Ein bewegter Kescher hat bei manchem Fisch schon oft noch Kraftreserven freigesetzt und ihm zur Freiheit verholfen. Auch sollte sich beim Keschern noch möglichst viel Schnur zwischen dem Fisch und dem Spitzenring der Rute befinden, ohne das dabei der Fisch unkontrollierbar wird. Denn je mehr Schnur noch draußen ist, desto mehr kann sie durch ihre Eigendehnung überraschende Fluchten vor dem Kescher abfangen, bevor das Vorfach gesprengt wird. Mich packt immer wieder blankes Entsetzen, wenn ich sehe, daß die verbleibende Schnurlänge kürzer als die Rutenlänge ist, der Haken keinen Meter mehr von der Rutenspitze entfernt ist. Ich kenne Fliegenfischer die einen untermaßigen Fisch vom Haken lösen, indem sie das Vorfach bis zum Haken einholen und mit der Rutenspitze die Fliege lösen…..
Bei so verkürzter Schnur und evtl. sogar noch harter Rutenspitze muß selbst eine Portionsforelle ausschlitzen oder gar abreissen, wenn sie sich auch nur einmal heftig bewegt. Ich habe oft genug Portionsforellen mit einem gesprengten Vorfach im Maul gefangen, dessen Stärke mindestens 0,20 mm betrug..
Das sonstige Agieren im Drill eines kapitalen Fisches ist allerdings reine Erfahrungssache und kann theoretisch kaum vermittelt werden. Grundsätzlich sollte man kapitalen Fischen anfangs möglichst fast völligen Spielraum lassen, solange sie nicht auf ein Hindernis wie beispielsweise den Teichmönch oder in die Schnüre des Nachbarn schwimmen. Durch das Überkopfhalten der fast senkrecht gehaltenen Rute bekommt man meist soviel Schnur aus dem Wasser, daß man Verhedderungen mit sonstigen Montagen im Wasser weiter vermindern kann.

Zum Schluß zwei Beispiele aus der Praxis:
Anfang Oktober 2001 hatte sich beispielsweise ein knapp 80 cm langer Wels an die Bienenmaden vergriffen, die knapp unter der Wasseroberfläche mit einem schwimmenden Sbirolino an einem 14er Vorfach & 12er Haken angeboten worden waren. Da der Fisch zügig Schnur von der Rolle nahm, bevor ich überhaupt einen Anhieb setzen konnte, schloß ich den Rollenbügel bei fast senkrechter Rutenspitze.
Die Eigengeschwindigkeit des Fisches ersetzte den Anhieb. Ein richtiger Anhieb hätte mit Sicherheit das Vorfach gesprengt. Da ich an Forellenteichen inzwischen mit allen möglichen Überraschungen rechne, hatte ich mich schon darauf eingestellt, durch das Senken der Rutenspitze und dem Schnur freigeben über die Rollenkurbel, die Zugkräfte bis zum Freigeben der Schnur durch die Rollenbremse zu minimieren. Da es gegen 15 Uhr am Teich schon leerer geworden war, ließ ich dem Fisch erst mal seinen Willen und ihn kontrolliert in Richtung des anderen Ufers ziehen, wo sich kein Angler mehr befand. Damit es nicht zu möglichen Verhedderungen mit der Ufervegetation geben konnte oder dem Fisch plötzlich einfällt direkt auf mich zu zu schwimmen, verstärkte ich meinen Druck auf die Rute nach rechts. Dies hatte zur Folge, daß der Fisch in einem Linksbogen vorm Ufer in meine Richtung zurück schwamm. Mit weiteren seitlichen Druckbewegungen konnte ich den Fisch weitgehenst in der Mitte des Teiches halten, bis er spürbar entkräftet erschien. Inzwischen hatte ich den Fisch auch als Wels identifizieren können, was mir klar machte, daß größere Kopfbewegungen mein Vorfach sehr schnell zerreiben würden. Ich ließ den Wels jetzt um so mehr seinen Willen, solange keine anderen Angelschnüre im Weg waren. Nachdem der Wels kurz vorm Ufer zum ersten Mal deutlich seine Unterseite zeigte und kraftlos wirkte, wurde er in Richtung meines Keschers dirigiert, wo dann schließlich alles ein zufriedenstellendes Ende fand.
Das Vorfach riß schließlich beim Versuch den Haken im Rachen zu lösen bei der kleinsten Spannung….

Mit der gleichen Montage fing ich im Juli 2002 einen Graskarpfen von über einem Meter Länge und mit einem Gewicht von rund 9 kg. Da wenige Minuten zuvor erneut Forellen besetzt worden waren, rechnete ich beim Abtauchen des Piloten eigentlich mit einer Forelle….